Am Donnerstagmittag, als sich das Wetter in Braunschweig bereits auf das große Unwetter vorbereitete, brachen die verwegendsten SchwimmerInnen der SSG Braunschweig bei tropischen Temperaturen in Richtung Regensburg auf. Freiwasser ist schließlich nicht jedermanns Sache, man muss schon Fisch und Algensalat mögen. Außerdem schwimmt man 5 km auch nicht alle Tage…
Am Guggenberger See, bei Regensburg, fanden unsere SchwimmerInnen ideale Freiwasserschwimmbedingen vor – das Wasser war warm und klar und bis auf einen Fisch, der erschrocken aus dem Wasser sprang, waren keine Rundkursfische weit und breit zu sichten. Das Einschwimmen hatte bereits ein gewisses Wettkampf-Feeling, da der für Hallenschwimmer ungewöhnliche Zieleinlauf geübt wurde.
Nach dem gemeinsamen Abendbrot erreichten die Sportler das Hotel. Mit ihnen leider auch das UNWETTER. Ein intensives Regenschauspiel bot sich den SchwimmerInnen vorm Hotelfenster, allerdings währte es nur kurz und hatte nicht solche verheerenden Folgen wie in Braunschweig. Und während alle noch fasziniert auf das Naturschauspiel schauten, erreichte den mitgereisten Trainer Steffen Koch die Nachricht, dass in Braunschweig gerade sein Keller von den Regenmassen geflutet wurde. Selbst kurz vor Mitternacht kämpften noch immer Feuerwehren mit der gesamten Straße.
Am nächsten Morgen gab es dann leider einen Temperatursturz von 35 zu 13 °C. Nichts mehr da von – perfekter Welle – perfekter Tag! Die Wellen peitschten ins Gesicht, versperrten den Weg zum Atmen, man schluckte Wasser. Nicht so einfach für Freddy, Kyrill und Levi, die noch vor dem Hotelfrühstück los mussten, weil sie als erstes auf der 2,5 km Strecke starteten.
Aber keiner der SSG-Sportler, nicht mal unsere Freiwasserneulinge haben sich davon beeindrucken lassen. Alle sind neue Bestzeiten geschwommen bzw. hatten einen gelungenen Freiwassereinstand. Alles was nicht schwamm, verkroch sich unter Decken und Jacken im Pavillon, nur zum Start und Zieleinlauf schaute man kurz zur Rennstrecke. Zum Wind gesellte sich dann auch noch Nieselregen, davon bekamen die Mädchen allerdings wenig auf ihrem Rundkurs mit. Alle, die aus dem Wasser stiegen, wurden sofort mit Handtüchern und Mänteln versorgt, so dass sie nicht lange frieren mussten
Geschwommen wurden am ersten Tag die 2,5 km auf einem mit Bojen abgesteckten Rundkurs von 1,25 km. Anschließend gab es Staffelläufe.
Wie ist eigentlich so der ABLAUF bei einer FREIWASSERMEISTERSCHAFT?
Zunächst einmal holt man seine Startnummer ab. Das ist schon immer ein wenig aufregend, so eine lange Strecke schwimmt man ja selten, entsprechend ist man spätestens dann aufgeregt. Danach kommt der Akt des TÄTOWIERENS. An Schulter, Armen und Händen werden unübersehbar die Startnummern aufgezeichnet – wasserunlöslich. Zusätzlich erhält man noch eine Badekappe mit der Startnummer, einen TRANSPONDER zur Zeitmessung, den man beim Zieleinlauf an die Messstellen oberhalb des Wassers halten muss. Vor dem Start wird auch die Länge der Finger- und Fußnägel kontrolliert, damit sich beim Massenstart niemand verletzt. Gestartet wird dann von einer Leine aus, die alle mit einer Hand gewissermaßen als Startlinie festhalten. Ertönt das Signal, gehen bis zu 50 Schwimmer gleichzeitig ins Rennen. Da sollte man erst einmal richtig schnell sein um der Verletzungsgefahr zu entgehen, wenn Schwimmer neben, über, unter oder vor einem schwimmen. Auch der Beinschlag sollte eine hohe Frequenz haben, damit man nicht Gefahr läuft, von hinten an den Füßen gezogen zu werden. In dem Gedränge kommt es dann schon mal vor, dass man einen Fuß oder Arm an den Kopf, in den Bauch oder vor den Brustkorb bekommt. Das ist nicht böse Absicht, 50 gleichzeitige Starter haben nun mal alle dasselbe Ziel – die nächste Boje. Umwege schwimmen ist keine Option. Alle SSG SchwimmerInnen sind beim Start gut losgekommen, keiner wurde wirklich überschwommen. Ein paar kleinere Verletzung gab es schon.
Im weiteren Verlauf geht es dann zu wie beim Marathon – man schließt sich einer Gruppe an, schwimmt gewissermaßen im Schwarm mit anderen gleichschnellen Athleten. Ist der führende Schwimmer unerfahren und schwimmt Zickzack, schwimmt möglicherweise der Schwarm denselben Kurs mit. In den wenigsten Fällen realisiert man, wer da neben einem schwimmt.
Und so stellten Maya Grewe (BSV Ölper), Lou Küsel (PSV) und Mira Buddensiek (PSV) erst nach den 2,5 km beim Zielanschlag fest, dass sie die ganze Zeit zusammen unterwegs waren! Ähnlich war es auch am nächsten Tag bei Martha Jakobi (PSV) und Lilly Grewe (BSV Ölper). Martha führte die meiste Zeit ihre Gruppe über 5 km an und Lilly schwamm in der Gruppe mit. Man muss wissen, beim Freiwasserschwimmen gibt es wie beim Radrennen so etwas wie einen Windschatten – den WASSERSCHATTEN. Das sich dahinter verbergende physikalische Prinzip ist allerdings ein anderes. Der vordere Schwimmer teilt die vor ihm befindliche Wasserwand, wodurch sich der Widerstand des Hinterherschwimmenden reduziert. Danach fließt das Wasser hinter dem führenden Schwimmer wieder zusammen und erzeugt eine Art Sogeffekt durch das sich bereits in Bewegung befindende Wasser. Der Wasserschattenschwimmer benötigt also viel weniger Energie dank eines verringerten Wasserwiderstandes von vorn und ebenso durch die Eigenbewegung der Wasserteilchen. Er schwimmt gewissermaßen mit viel weniger Kraftaufwand wie der Schwimmer vor ihm. Gemäß Studien führt das zu Energieeinsparungen zwischen 3-20 % je nach Nähe und Winkel zum Vordermann. Nimmt man nur mal den unteren Wert von 3 % an, so kann man sich auf 5 km 2 Minuten Zeitvorteil erschwimmen gegenüber einem Einzelstart. Kein Wunder also, dass Lilly im Endspurt ein paar mehr Kraftreserven zur Verfügung hatte und 200 m vor dem Ziel an Martha vorbeizog. Aber wie bereits erwähnt, beide wussten nicht, dass sie in einer Gruppe geschwommen sind, sonst hätte man sich, wie unter Trainingskameraden üblich, in der Führungsarbeit abwechseln können.
An dieser Stelle könnte man sich fragen – warum schwimmt dann überhaupt jemand vorn? Als Schattenschwimmer kannst du nicht dein eigenes Tempo schwimmen. Du musst ständig deine Geschwindigkeit an den Vordermann anpassen. Andernfalls läuft man Gefahr zu dicht aufzuschwimmen und sich dann durch die Füße des Vordermannes im Gesicht zu verletzen oder die Schwimmbrille zu verlieren. Für viele Schwimmer ist es einfach entspannter, das eigene Tempo konsequent durchzuschwimmen.
Am Samstag sind Paul, Anton und Oskar, neben Martha, Katharina, Nina und Lilly über die 5 km gestartet. Das Rennen der Jungs war sehr spannend. Paul war in der Gruppe vor Anton, Antons Gruppe hat aber Pauls Gruppe am Ende wieder eingeholt, wodurch sie nur noch 10 Sekunden auseinanderlagen. Oskar startete im Lauf danach, der Lauf war deutlich schneller und Oskar hatte sich vorgenommen, auf jeden Fall dran zu bleiben, was er auch umsetzen konnte. Zwei der danach startenden Mädchen waren das erste Mal auf der 5 km Strecke dabei – Nina und Martha. Natürlich waren alle sehr aufgeregt. So eine lange Distanz muss gut aufgeteilt werden, eine zu schnelle erste Runde führt zu Problemen in den folgenden Runden. Die Zeit an der Startleine ist fast unerträglich, man möchte endlich losschwimmen. Alle waren mit ihrem Rennen zufrieden und sind auch am Samstag Bestzeit geschwommen.
Die beste Platzierung unter den SSG SchwimmerInnen erreichte mit Platz 4 die 3 x 1,25 km Staffel der weiblichen Jugend A mit den Schwestern Leni und Martha Jakobi (PSV) sowie Lilly Grewe (BSV Ölper). Ihre männlichen Trainingskameraden – Paul Grewe (BSV Ölper), Anton Peppel (PSV) und Oskar Rudek (PSV) belegten beim gleichen Staffelwettbewerb Rang 7. Alle SSG SchwimmerInnen, die allesamt keine speziellen Freiwasserathleten und auch keine Langstreckenschwimmer sind, erreichten auf den Einzeldistanzen (2,5 km und 5 km) gute Mittelfeldplätze.
Wir bedanken uns für die lebendigen Berichte von Doro Heuer, Leni Jakobi und Lilly Grewe. Besonders würdigen möchten wir an dieser Stelle den unermüdlichen Trainer Steffen Koch, der bei Wind und Wetter alle am Steg im Blick hatte, aufpasste, dass jeder nach dem Start noch im Rennen war, die Durchgangszeiten stoppte und diese dann allen in die Gruppe postete. Letzteres hatte zur Folge, dass die Eltern ehrfürchtig auf ihre Handy Displays schauten… Vielen Dank auch an alle, die viele Stunden hinter dem Lenkrad saßen. Es ist schon ein Gewaltritt bis nach Bayern. Danke auch den Organisatoren im Hintergrund, die sich um Quartier, Busse und vieles mehr gekümmert haben. Es war eine schöne Meisterschaft!